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Story, Stil und Struktur: Die Komponenten der Überarbeitung

Nachdem der erste Entwurf geschrieben ist, gilt es diese rohe Sammlung an Ideen und Wörtern so lange zu sortieren, zu schleifen und feilen, bis am Ende ein veröffentlichenswerter Roman steht. Wir stellen die drei Aspekte vor, die bei der Überarbeitung im Mittelpunkt stehen sollten.

Der erste Entwurf eines Romans und auch einer Kurzgeschichte kann niemals in einer Form sein, die man bereits Testlesern vorsetzen sollte. Der erste Entwurf sollte vielmehr möglichst schnell und ohne Beteiligung des inneren Kritikers verfasst werden und stellt demnach lediglich einen Rohstoff dar. Dieser muss nun immer weiter bearbeitet werden, bis der Punkt erreicht ist, an dem eine weitere Überarbeitung ihn nicht weiter verbessert, sondern verschlimmbessert.

Dazu sollte man den Text nach dem Verfassen des ersten Entwurfs ersteinmal ruhen lassen.Der Autor Andreas Eschbach schreibt dazu beispielsweise:

Dadurch gewinnt man den Abstand zur eigenen Arbeit, der einem das Urteil erleichtert! Man muß den Prozeß der Entstehung sozusagen vergessen haben (am besten aus dem Grund, daß man in der Zwischenzeit viiiiele andere Texte geschrieben hat), wenn man das Ding wieder zur Hand nimmt. Man staunt oft, wie anders man ihn dann wahrnimmt – objektiver, mehr aus der Sicht eines Lesers

Ist es dann soweit, sollte man sich bei der Überarbeitung dreier unterschiedlicher Dimensionen einer Geschichte bewusst sein, die für sich überarbeitet und aufeinander abgestimmt werden müssen: Story, Struktur und Stil.

Die Story muss eine Bindung an den Leser schaffen

Die wichtigste Komponente eines Romans ist die Story, die er erzählt, also auch die Figuren, die er begleitet und die Welt, die er vorstellt. Hier gilt es als erstes sicherzustellen, dass diese eine enge Bindung an den Leser schaffen können. Die Story muss Fragen aufwerfen, die den Leser interessieren, und Identifikationsmöglichkeiten bieten.

Das Blog Schriftzeit hat hierzu in einem ausführlichen Beitrag typische Problemstellungen zusammengetragen. Darunter eine fehlende Motivation der Hauptfigur(en), zu geringe Einsätze, keine Momente, die beim Leser Mitgefühl erzeugen, und die Vernachlässigung der großen Themen, die den Roman eigentlich tragen sollten. Hier wird deutlich, welch zentrale Rolle Storyelemente wie Figuren und Themen spielen. Bei der Überarbeitung sollte man also unbedingt darauf achten, ob sich die eigene Geschichte voll und emotional genug anfühlt, um auch einen unbekannten Leser zu fesseln.

Auf dieser Ebene ist es wichtig, einen Blick für die eigenen Figuren zu entwickeln und wie diese bei einem Leser ankommen. Sie müssen glaubwürdig wirken und gleichzeitig unter Druck stehen, der sie in der Handlung vorantreibt. Je nach Genre kann dies Lebensgefahr sein, eine große Aufgabe, Liebe oder eine andere Form des inneren Strebens. Diese Motivation muss dem Leser deutlich werden.

Die Struktur muss die Geschichte unterstützen und einen Spannungsbogen entwickeln

Ist die Story überarbeitet, geht es im zweiten Schritt an die Struktur der Erzählung. Diese ist wichtig, um dem Leser auf der einen Seite eine gewisse Orientierung zu bieten, auf der anderen Seite aber auch, um über mehrere hundert Seiten hinweg einen Spannungsbogen zu entwickeln, der den Leser bei der Stange hält.

Hierzu bietet es sich gerade für weniger erfahrene Autoren an, sich relativ eng an einer der etablierten Erzählstrukturen zu orientieren, beispielsweise der Heldenreise oder der klassischen 5-Akt-Struktur. Bei der Überarbeitung muss es hier also darum gehen, die relativ frei und intuitiv niedergeschriebenen Szenen und Handlungsabschnitte zu stutzen und an eine bestimmte Form anzupassen. Dabei sollte diese Struktur die erzählte Geschichte unterstützen und kann so maßgeblich zur Atmosphäre eines Romans beitragen.

Auf dieser Ebene gilt es, sich die Frage zu stellen, ob die zentralen Ereignisse in der Handlung an den richtigen Punkten platziert sind und ob sie die entsprechende Aufmerksamkeit bekommen haben. Entsteht durch die bestehende Struktur eine Spannung, die den Leser dazu bringt, unbedingt ein weiteres Kapitel lesen zu wollen?

Der Stil muss die Atmosphäre stützen und darf nicht negativ auffallen

Am Abschluss eines Überarbeitungsdurchlaufs folgt dann eine Überarbeitung des sprachlichen Stils. Viel wichtiger als Rechtschreib- und Grammatikfehler ist dabei die Konstruktion von guten Absätzen und Sätzen sowie die richtige Wahl der Wörter. Dabei geht es nicht darum, einen perfekten literarisch-intellektuellen Stil zu entwickeln, sondern vielmehr darum, dass die Sprache der Geschichte nicht im Weg steht und sie im besten Falle sogar ein wenig unterstützt. Natürlich gibt es Stilisten wie Neil Gaiman, deren Texte sich beinahe wie Gedichte lesen, hierzu ist jedoch ein besonders hohes Sprachniveau vonnöten.

Die Autorin Petra Schier betont in ihren Schreibtipps in erster Linie das Kürzen – nicht nur auf der Ebene von Story und Struktur, sondern auch innerhalb einzelner Absätze und Sätze. Hier schleichen sich immer mal wieder Füllwörter ein, die eigentlich keinen besonderen Zweck erfüllen. Pardon. Hier schleichen sich schnell Füllwörter ein, die keinen Zweck erfüllen. Ähnliches gilt für Adjektive und Adverbien, bei denen man sich fragen sollte, ob sie eine spezifische Funktion erfüllen oder lediglich ausschmückendes Beiwerk darstellen.

Für einen spannenden Schreibstil ist es ebenso wichtig, präzise und ausdrucksstarke Wörter zu verwenden. Gerade einfache Verben wie "sagen” oder "gehen” können oft gegen pointiertere Begriffe wie "murmeln” oder "schreiten” ausgetauscht werden. Hier bietet sich zudem die Möglichkeit, durch Wortwahl, die Atmoshäre des Romans zu vertiefen. Gleichzeitig sollte man hier jedoch auch aufpassen, nicht zu sehr ins Blumige abzudriften. Weitere Tipps finden sich in der sehr ausführlichen Checkliste der Autorin Jutta Miller-Waldner.

Sind alle drei Ebenen überarbeitet, kann man den Text erneut einige Zeit ruhen lassen, bevor man ihn sich erneut vornimmt.

<Bildnachweis: Textmarker von Shutterstock>

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