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Crowdfunding im Journalismus: 3 Lektionen der letzten 12 Monate

Im Jahr 2014 haben wir den endgültigen Durchbruch des Crowdfundings für journalistische Projekte in Deutschland erlebt. Gerade drei Projekte, die große Aufmerksamkeit erfahren haben, bieten wichtige Lektionen für Medienmacher, die ihr Projekt via Crowdfunding realisieren möchten.

Über die Erfolgsfaktoren im Crowdfunding ist in der letzten Zeit viel geschrieben worden – beispielsweise im upload-magazin oder als wissenschaftliche Studie. Neben diesen allgemeinen Gedanken können Journalisten, die mit dem Crowdfunding liebäugeln, jedoch auch aus 3 erfolgreichen journalistischen Crowdfunding-Projekten des letzten Jahres wichtige Lehren ziehen.

Inhalt

Substanz – Finde das richtige Publikum

Startseite von Substanz

Im Februar lezten Jahres starteten die beiden Wissenschaftsjournalisten Georg Dahm und Denis Dilba die Funding-Kampagne für ihr Online-Wissenschaftsmagazin Substanz, die sie mit gut 37.000 Euro erfolgreich abschließen konnten. Im Dezember 2014 ist das Magazin, das sich langfristig über bezahlte Inhalte finanzieren will, gestartet und erste Rückmeldungen sind durchaus positiv.

Die Macher von Substanz profitierten bei ihrer Funding-Kampagne von einer klaren Ausrichtung auf ein spezifisches Publikum, das gleichzeitig sehr gut vernetzt ist und über hohe Strahlwirkung in das breitere Online-Publikum verfügt. Die Online-Community der Wissenschaftler und Wissenschaftsjournalisten ist bereits seit einigen Jahren fest etabliert und sowohl über Social Media als auch auf spezifischen Plattformen wie ScienceBlogs oder SciLogs hervorragend vernetzt. Gleichzeitig werden diese Plattformen auch von der breiteren Online-Öffentlichkeit gelesen. Gepaart mit der hohen Glaubwürdigkeit der beiden Macher und ihrer geschickten Kommunikation eine ideale Grundlage für den Erfolg ihrer Kampagne.

Wortwalz – Erzähle eine gute Geschichte

wortwalz

Einen grundlegend anderen Ansatz für ihre Crowdfunding-Kampagne wählte die die Journalistin Jessica Schober für ihre "Wortwalz” – eine Gesellenwanderung durch den deutschen Lokaljournalismus. Mit einem Fundingziel von nur 142 Euro für das Bahnticket von München in den Norden des Landes konnte sie am Ende mehr als 2.000 Euro einwerben und ihre Walz von August bis November letztes Jahres durchführen und auf ihrem Blog dokumentieren.

Auch wenn die Wortwalz im Vergleich zu andere Projekten nur eine verhältnismäßig geringe Funding-Summe einwerben konnte, lassen sich daraus wichtige Lehren für journalistisches Crowdfunding ziehen: Wer es schafft, die eigenen Ideen und Ziele in eine gute Geschichte einzubetten und diese sympathisch erzählt, erhöht seine Chancen, das Projekt erfolgreich zu finanzieren. Die romantischen Vorstellungen von Freiheit und Ungebundenheit, die das klassische Konzept der "Walz” hervorruft, konnte Schober sehr gut vermitteln. Auch die Dankeschöns an ihre Unterstützer unterstützten diese Geschichte: eine Kastanie, ein Newsletter-Abo oder eine Postkarte von unterwegs.

Krautreporter – Versprich nur, was du halten kannst

krautreporter

Die größte Aufmerksamkeit im letzten Jahr hat sicherlich das Projekt der Krautreporter auf sich ziehen können. Die riesige Summe von mehr als 900.000 Euro konnte die 28-köpfige Redaktion im Frühjahr 2014 einwerben, wenn auch mit großzügiger Unterstützung der Rudolf Augstein Stiftung. Dabei war das Projekt schon während der Funding-Phase nicht unumstritten – der geringe Frauenanteil in der Redaktion wurde dabei genauso kritisiert wie die Kommunikation der Macher.

Das Magazin ist jetzt seit sechs Monaten online, und bei den Unterstützern macht sich Enttäuschung breit. So kritisert Bloggerin Frau Meike den "Recyclinghof Krautreporter” und Journalist Marc Wickel stört sich an der geringen Beteiligung der "großen Namen” und schlechter Recherche. Der zentrale Vorwurf dabei ist, dass die hohen Ansprüche, die Krautreporter während der Kampagne formuliert hat, bislang nicht eingehalten werden konnten.

Für andere journalistische Projekte ergibt sich daraus die Konsequenz, während der Funding-Kampagne keine Versprechungen zu machen, von denen man nicht weiß, inwiefern man sie einhalten kann – selbst wenn das die Erfolgsaussichten der Kampagne vergrößern würde. Die meisten Funding-Projekte werden langfristige auf eine andere Form der Finanzierung angewiesen sein und nicht erfüllte Erwartungen sind hierfür äußerst schädlich.

Bildnachweis: Tafel von Shutterstock

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Kommentare


Frau Meike 19. Januar 2015 um 10:06

Nur der Fairness halber: Krautreporter ist nicht seit sechs Monaten, sondern erst seit Anfang Oktober, also gut drei Monaten online.


Tilman 19. Januar 2015 um 13:37

Zwei Projekte fallen mir dazu noch ein, die ich erwähnenswert finde.

Das eine aus der Vergangenheit: Das @Shiftmagazin – http://juiced.de/shift/ – klein, aber fein, und sowohl vielversprechend, als auch erfolgreich beim journalistischen crowdfunding und das trotz "offline" Publikation. Beispielhaft für viele kleine Projekte, die in diesem Rahmen auch erfolgreich umgesetzt werden.

Zum anderen das Projekt @DerSender – https://www.youtube.com/watch?v=4IvLbP58s4A – zwar kein Crowdfunding Projekt, aber doch von der Mache mit den Krautreportern vergleichbar – und meiner Meinung auf jeden Fall im Auge zu behalten, gerade hinsichtlich Ideen, Umsetzung und Kommunikation.

Aus beiden Beispielen kann bzw. wird man/frau ablesen können, wie das Publikum re-/agiert auf solche Vorhaben und ob die Macher sich die "Vorbilder" mal angesehen haben.

Es bleibt spannend.


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