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Woyzeck: Zusammenfassung, 26 Szenen & 6 wichtige Charaktere

"Woyzeck" ist ein soziales Drama von Georg Büchner, das aus Fragmenten besteht. Noch heute zählt es zu den bedeutendsten literarischen Werken der Epoche. Bei uns erfährst du, wovon das Werk handelt und welche Aussagen Büchner vermitteln wollte.

Das aus dem Jahr 1836 stammende Dramenfragment "Woyzeck", das erst 1913 uraufgeführt wurde, kritisiert die Gesellschaftsumstände seiner Zeit. Aufgrund Büchners frühzeitigen Todes ließ er es 1837 als Dramenfragment zurück. Trotzdem zählt es zu den meistgespielten Werken auf deutschen Theaterbühnen.

Woyzeck von Georg Büchner: eine kurze Zusammenfassung

Eine kurze Zusammenfassung von Woyzeck (Georg Büchner)

Der arme Soldat Woyzeck versucht mit seiner Arbeit und zwei Nebenjobs seine Freundin Marie und ihr gemeinsames uneheliches Kind zu unterstützen. Er rasiert unter anderem den Hauptmann, der ihn ständig verspottet. Woyzeck lässt sich davon jedoch nichts anmerken.

Er leidet an Halluzinationen und hört Stimmen. Marie fühlt sich zu dem Tambourmajor, der die Parade einer Militärkapelle anführt, hingezogen. Er ist stärker und attraktiver als Woyzeck und versucht, Marie mit Geschenken für sich zu gewinnen.

Woyzeck ahnt, dass seine Freundin ihn betrügt, doch er verlässt sie nicht und geht weiterhin Geld für seine Familie verdienen. Er nimmt an dem Experiment eines Arztes teil. Dieser setzt ihn auf eine Erbsendiät und betrachtet Woyzeck dabei lediglich als sein Versuchsobjekt und nicht als Menschen.

Die Effekte dieses Versuchs sind zunehmende Wahnvorstellungen und wirre Ansichten über die Welt. Woyzeck erhofft sich aber, durch das zusätzliche Geld seine Freundin an sich binden zu können.

Marie beginnt schließlich ein Verhältnis mit dem Tambourmajor und Woyzecks Eifersucht wächst. Seine Mitmenschen nutzen ihn weiterhin aus. Vor allem der Hauptmann macht sich über ihn lustig und stärkt die Eifersucht Woyzecks.

Nicht einmal sein Soldatenfreund Andres nimmt seinen Wahn ernst, sondern meint, er habe nur Fieber. Woyzeck sieht Marie und den Tambourmajor tanzend in einem Wirtshaus. Nun wird Woyzeck alles zu viel. Stimmen befehlen ihm, Marie zu töten. Er lockt sie in den Wald und ersticht sie dort. Dann geht er rasch zurück in die Stadt und besucht das Wirtshaus.

Als Blutspuren an ihm entdeckt werden, flüchtet er zurück zum Tatort und wirft das Messer in einen Teich. Maries Leiche wird aufgefunden und inspiziert.

Überblick über das Drama

Im Folgenden findest du einen Steckbrief mit den wichtigsten Eckdaten über "Woyzeck".

  • Autor: Georg Büchner
  • Erscheinungsjahr: 1836 unvollendet, 1913 Uraufführung
  • Länge: 26 Szenen
  • Literarische Gattung: Soziales Drama
  • Epoche: Vormärz, aber mit Merkmalen des Realismus und Naturalismus
  • Tempus: Präsens
  • Erzählform: Kein Erzähler vorhanden. Handlung wird im Drama stets durch Dialoge und Monologe in der direkten Rede wiedergegeben. Diese werden einzig durch Regieanweisungen unterbrochen.
Das soziale Drama

Das soziale Drama behandelt konkret die sozialen Umstände der Charaktere eines Werks. Es wird auf gesellschaftliche Missstände aufmerksam gemacht und Sozialkritik geäußert. Außerdem wird verdeutlicht, wie das Individuum durch seine Lebensumstände und sein Milieu geprägt wird.

Oft spielen auch die Industrialisierung und die soziale Frage eine Rolle. Ein weiteres Beispiel für ein soziales Drama ist das naturalistische "Die Weber" von Gerhart Hauptmann aus dem Jahr 1892.

Ausführliche Zusammenfassung von Woyzeck

In diesem Kapitel findest du eine ausführliche Zusammenfassung von "Woyzeck". Das Stück ist in 26 Szenen unterteilt, die wir hier in fünf Unterkapiteln gebündelt haben. 

Szenen 1 – 4

Woyzeck hört Stimmen

Schon in der ersten Szene zeigen sich Woyzecks Halluzinationen: Gemeinsam mit seinem Freund Andres schneidet er in einem Gebüsch Stöcke für den Hauptmann ab. Er meint unter anderem, der Himmel brennt und man könne Posaunen hören. Als seine Halluzination abklingen, erscheint die Welt ihm still und tot.

Marie Zickwolf, die Geliebte Woyzecks und Mutter ihres gemeinsamen unehelichen Kindes, steht mit ihrem Sohn Christian auf dem Arm am Fenster. Sie schaut den vorbeigehenden Soldaten zu. Vorn geht der Tambourmajor, den sowohl Marie als auch ihre Nachbarin Margreth attraktiv finden.

Margreth wirft Marie vor, mit dem Tambourmajor geflirtet zu haben. Woyzeck klopft an ihr Fenster und erzählt Marie von seinen Halluzinationen. Dann macht er sich wieder auf in die Kaserne. Marie missfällt Woyzecks Nichtachtung gegenüber ihrem Sohn. Zudem machen ihr seine Vorstellungen Angst.

Woyzeck und Marie gehen zusammen auf einen Jahrmarkt. Der Unteroffizier und der Tambourmajor bemerken Marie und machen ihr Komplimente. Sie möchte das Spektakel von weiter vorne sehen. Der Major hilft ihr deswegen in die erste Reihe.

Woyzeck bemerkt in der nächsten Szene, dass Marie versucht, neue Ohrringe zu verstecken. Sie behauptet, diese hätte sie nur gefunden. Woyzeck glaubt ihr nicht, weil ihm zwei gleiche verlorene Ohrringe als zu großer Zufall erscheinen. Er gibt jedoch nach und geht, lässt aber noch etwas Geld da. Marie hat ein schlechtes Gewissen.

Szenen 5 – 9

Marie und der Tambourmajor kommen sich näher

Woyzeck rasiert den Hauptmann. Dieser ermahnt ihn, sich nicht zu hetzen und macht sich über sein uneheliches Kind lustig. Woyzeck erklärt, dass Gott alle Kinder lieb hat und er ohnehin kein Geld zur Heirat besitzt.

Marie und der Tambourmajor treffen sich in einer Gasse. Als er ihr näher kommt, stößt Marie ihn von sich und möchte dann doch wieder berührt werden.

Woyzeck konfrontiert Marie auf der Straße damit, die beiden zusammen gesehen zu haben. Marie weicht erst aus, behauptet dann aber, es sei belanglos, ob sie eine Affäre habe oder nicht.

Der Doktor ist empört darüber, dass Woyzeck an die Wand uriniert hat, anstatt seinen Urin einzuhalten, um diesen zur weiteren Forschung bei ihm abzugeben.

Als Woyzeck beginnt, seine wirren Ansichten zu erklären, verspricht ihm der Doktor mehr Geld. Er erwartet von Woyzeck, dass er trotz der Erscheinungen weiterhin als Versuchsperson für ihn arbeitet.

Der Hauptmann und der Doktor sind gemeinsam unterwegs und sprechen über ihre Weltanschauungen. Der Hauptmann verurteilt den schnellen Gang des Doktors. Der Doktor wiederum diagnostiziert beim Hauptmann eine baldige Lähmung, und sieht ihn als sein nächstes Versuchsobjekt.

Woyzeck kommt hinzu. Der Doktor macht sich über Maries Untreue lustig und analysiert erheitert das aufgeregte Gemüt Woyzecks. Während er dem flüchtenden Woyzeck hinterhereilt, missbilligt der Hauptmann das Gerenne der beiden.

Szenen 10 – 15

Woyzeck und Andres haben Wachdienst. Andres ist gut gelaunt und singt, als er Musik von zwei Lokalen hört, aber Woyzeck ist unruhig und will aus der Stube hinaus.

In einem Wirtshaus sieht Woyzeck Marie mit dem Tambourmajor tanzen. Das macht ihn fassungslos. In der nächsten Szene befindet er sich im freien Feld und hört immer noch die Musik und Marie. Er glaubt, der Boden und der Wind sagen ihm, er soll Marie erstechen.

In der Nacht schlafen Andres und Woyzeck im selben Bett in der Kaserne. Woyzeck hört Stimmen und weckt Andres auf, dieser ist aber nur wenig besorgt. Er hält es für Fieber und rät seinem Freund zu Schnaps und einem fiebersenkenden Pulver.

Der Major befindet sich im Wirtshaus und ist am prahlen. Als er Woyzeck nicht zum Trinken überzeugen kann, beginnt er eine Schlägerei mit ihm und gewinnt. Woyzeck bleibt zitternd und blutend zurück. In der nächsten Szene kauft Woyzeck für zwei Groschen ein Messer. Die Pistole ist ihm zu teuer.

Szenen 16 – 20

Marie liest in der Bibel über Ehebruch. Sie bereut ihre Untreue zwar, kann ihre Affäre aber nicht beenden. Als sie ihren Sohn anschaut, schmerzt ihr das Herz. Marie ist traurig, dass Woyzeck weder gestern noch heute zu ihr gekommen ist. Trotzdem bereut sie ihre Untreue weiterhin.

In der Kaserne schenkt Woyzeck Andres seine wenigen Besitztümer. Dieser ist verwundert, nimmt aber alles entgegen. Er rät Woyzeck dazu, sich krank zu melden und Medikamente zu nehmen. Woyzeck meint nur, man könne nie wissen, wann man stirbt.

Währenddessen singt Marie für einige Mädchen vor der Haustür. Anschließend erzählt die Großmutter eines der Mädchen ein Märchen von einem einsamen Waisenkind, das nur Totes findet. Danach kommt Woyzeck und fordert Marie auf, mit ihm zu gehen. Wohin, weiß er noch nicht.

Das Paar ist vor der Stadt. Da es schon spät ist und langsam kalt wird, betont Marie immer wieder, dass sie zurück möchte. Woyzeck sagt, sie sei warm, obwohl sie friert. Ihr "Hurenatem" widert ihn an und erregt ihn zugleich.

Er sagt, er würde sie gerne noch einmal küssen. Marie schreit um Hilfe, als ihr seine Absicht klar wird. Daraufhin sticht Woyzeck mehrmals auf sie ein, bis sie tot ist. Dann hört er Leute kommen und flüchtet.

Szenen 21 – 26

Woyzeck ersticht Marie

In Szene 21 befindet sich Woyzeck im Wirtshaus und tanzt mit Käthe, vermutlich der Magd des Wirts. Woyzeck deutet seine Mordtat an, doch die Frau versteht es nicht. Dann entdeckt sie Blut an seiner Hand und seinem Ellenbogen. Woyzeck verstrickt sich in widersprüchliche Erklärungen und leugnet, jemanden umgebracht zu haben. Er flüchtet aus dem Wirtshaus.

Kinder erzählen einander von der Mordtat. Um noch etwas zu sehen zu bekommen, eilen sie zum Tatort.

Auch Woyzeck ist dorthin zurückgekehrt, weil er bei seiner Flucht das Messer liegen gelassen hat. Er sieht die tote Marie daliegen und sagt, er habe durch den Mord ihre Sünde von ihr genommen. Dann nimmt er das Messer, hört wieder Stimmen und verschwindet schleunigst.

In der folgenden Szene wirft er das Messer in einen Teich und wäscht das Blut von sich ab. Ein Gerichtsdiener, ein Barbier, ein Arzt und ein Richter treffen sich, um die Tat aufzuklären und der Gerichtsdiener stellt fest, dass man "schon lange keinen so schönen Mord hatte".

Schlussendlich ist Woyzeck bei seinem Sohn und dem Idioten Karl, von dem der Leser nicht erfährt, wer er ist. Karl sagt mehrfach, Woyzeck sei ins Wasser gefallen. Dieser will seinen Sohn streicheln, der bei Karl auf dem Schoß sitzt. Doch sein Kind dreht sich weg und schreit. Verzweifelt verspricht der Vater, ihm Lebkuchen zu kaufen. Als sein Sohn aber auch das ablehnt, gibt er Karl das Geld dafür, der nun mit dem Kind davongeht.

Entstehungsgeschichte und zeitliche Einordnung (Epoche) Woyzecks

Woyzeck entstand zur Zeit des Vormärz

"Woyzeck" beruht tatsächlich auf einer wahren Begebenheit: Johann Christian Woyzeck aus Leipzig arbeitete ebenfalls als Soldat und hatte ein uneheliches Kind. Er fing ein Verhältnis mit der Witwe Johanna Christiane Woost an.

Woyzeck war oft eifersüchtig, da Woost auch mit anderen Soldaten in Verbindung stand. Er misshandelte sie und wechselte häufig seine Berufe. Dazu hörte er Stimmen, die ihn aufforderten, sie zu töten. Irgendwann kaufte er sich eine abgebrochene Degenklinge, an der er einen Griff anbrachte.

Als sie sich eines Tages mit einem Soldaten traf und Woyzeck versetzte, erstach er sie noch am selben Abend. Er stellte sich daraufhin selbst der Polizei.

Von "Woyzeck" liegen zwar Dichterhandschriften vor, jedoch vollendete Georg Büchner das Drama aufgrund seines frühen Todes im Jahr 1937 nie. Auch die einzelnen Szenen waren nicht geordnet, sondern lagen einzeln vor.

Daher spricht man auch von einem Dramenfragment, bei dem die späteren Herausgeber die Szenen möglichst sinnvoll anordneten, sodass die Reihenfolge bestmöglich Büchners originaler Idee entsprach.

Büchner war einer der Vorreiter des Vormärz, zu dem sich auch dieses Drama zuordnen lässt. Kritik an der absolutistischen Herrschaft und Identifikationsthemen für die unteren Bevölkerungsschichten wie Pauperismus (Massenarmut) sind Epochenmerkmale, die sich auch in "Woyzeck" wiederfinden.

Jedoch finden sich in diesem Werk auch Merkmale für spätere Epochen. Für den Realismus beispielhaft ist die realitätsnahe Darstellung der Welt, sowie der Fokus auf Woyzeck als Einzelperson einer unteren Gesellschaftsschicht.

Auch Elemente des Naturalismus finden sich hier wieder, denn Büchner beschönigt nichts. Er stellt die Armut und Verzweiflung Woyzecks dar, auch wenn diese hässlich ist. Außerdem wird auf raue Sprache gesetzt, die die Gesellschaft widerspiegelt, wie sie eben ist.

Letztendlich gehört "Woyzeck" aber aufgrund seiner zeitlichen Einordnung zum Vormärz.

Wichtige Charaktere

Das Drama behandelt das Schicksal von Menschen der Unterschicht. Im Folgenden findest du eine Übersicht über die wichtigsten sechs Charaktere.

Woyzeck

Friedrich Johann Franz Woyzeck ist 30 Jahre alt und Soldat. Seit zwei Jahren ist er mit Marie zusammen, mit der er einen einjährigen Sohn namens Christian hat. Eine Heirat kann er sich nicht leisten.

Um seine Familie zu versorgen, hat er zwei Nebenjobs: Er rasiert seinen Vorgesetzten, den Hauptmann, und nimmt an einem Experiment seines Doktors teil, bei welchem er sich lediglich von Erbsen ernähren darf.

Durch die Mangelernährung fängt er an, zu halluzinieren. Am Ende ist er so verzweifelt, dass er im Wahn seine Freundin ermordet, weil sie ihn betrügt.

Andres

Andres ist ein Soldatenkamerad Woyzecks und teilt sich mit ihm in der Kaserne ein Bett. Er bleibt im Gegensatz zu Woyzeck sehr ruhig. Trotzdem kann er ihm nicht wirklich helfen.

Andres unterschätzt Woyzecks Zustand und glaubt, es handle sich bei seinen Wahnvorstellungen um ein Fieber. Selbst als Woyzeck ihm seine wenigen Besitztümer schenkt, begreift Andres den Ernst der Situation nicht.

Doktor

Doktor

Der Doktor ist leidenschaftlicher Wissenschaftler. Daher ist es ihm auch so wichtig, dass Woyzeck unbedingt seinen Anweisungen folgt. Er ist empathielos und betrachtet Menschen nicht als solche, sondern nur als wissenschaftliche Versuchsobjekte.

Die gesundheitlichen Folgen seiner Experimente sind ihm egal. Die Verschlechterung von Woyzecks Zustand fasziniert ihn. Statt ihm zu helfen, bietet er ihm eine Gehaltserhöhung an.

Auch den Hauptmann betrachtet der Doktor nicht als Menschen und stellt sich vor, welche interessanten Krankheiten dieser möglicherweise entwickeln könnte.

Hauptmann

Der gemütliche Hauptmann ist Woyzecks Vorgesetzter. Er mag keine Eile und sitzt lieber am Fenster und schaut dort Frauen hinterher. Zudem macht er sich über Woyzeck lustig und belächelt ihn. Das zeigt, dass er keineswegs mitfühlend ist und Woyzecks finanzielle Not nicht nachempfinden kann.

Maries Untreue findet er lustig. Er fühlt sich zudem geistig überlegen und möchte Woyzeck seine Überlegenheit unbedingt beweisen.

Marie

Die hübsche Marie ist seit zwei Jahren mit Woyzeck zusammen. Sie und ihr Sohn sind finanziell von ihm abhängig, doch sie hofft auf einen gesellschaftlichen Aufstieg. Auch aus diesem Grund lässt sie sich auf eine Affäre mit dem attraktiven Tambourmajor ein.

Doch sie hat ein schlechtes Gewissen wegen der Affäre und Woyzecks Aufopferung für die Familie. Sie schätzt ihn und seine Treue, doch sie fürchtet sich vor seinen Halluzinationen.

Tambourmajor

Der Tambourmajor ist der Anführer der Militärkapelle. Er ist sehr selbstverliebt. Um sich in seiner Attraktivität zu bestätigen, will er schöne Frauen erobern. Deshalb möchte er Marie für sich haben. Das gelingt ihm mit teuren Geschenken.

Er ist zwar nicht höhergestellt als Woyzeck, doch er hat keine Familie, die er versorgen muss und hat deswegen mehr Geld zur Verfügung. Er ist zudem viel stärker als Woyzeck, was bei einer körperlichen Auseinandersetzung der beiden deutlich wird.

Stilmittel in Woyzeck

Stilmittel in Woyzeck

Für alle literarische Werke bedeutsam sind rhetorische Mittel, die die Handlungsabsichten und Aussagen der Charaktere verdeutlichen sollen. Falls du dir nicht sicher bist, was die einzelnen Stilmittel bedeuten, kannst du in unsere Übersicht schauen. 

Woyzeck nutzt Vergleiche, um seine Wahnvorstellungen auszudrücken. So erklärt er in der 11. Szene dem Doktor: "Wenn die Sonn im Mittag steht und es ist als ging die Welt im Feuer auf, hat schon eine fürchterliche Stimme zu mir geredet."

Die Sonne im Feuer symbolisiert einerseits die Mittagshitze, andererseits steht sie auch für die absurden und quälenden Wahnvorstellungen, die Woyzeck (vermutlich zu dieser Tageszeit) erlebt.

Ein weiteres Beispiel für ein weit verbreitetes Stilmittel ist die Alliteration. Beispielsweise brüstet sich der Tambourmajor in Szene 15 mit den Worten "Wer will was?" und einer anschließenden Aufforderung zur Prügelei. Damit gelingt es ihm zu provozieren und seine drohende Aussage zu stärken.

In Szene 17 liest Marie in der Bibel über Ehebruch. Als sie sich wegen ihrer Affäre schlecht fühlt, spricht sie Wiederholungen (Repetitionen) aus:

"Herrgott! Herrgott! Ich kann nicht. Herrgott, gib mir nur so viel, dass ich beten kann."

"Heiland, Heiland ich möchte dir die Füße salben."

Dasselbe Mittel nutzt auch Woyzeck in Szene 22, als Maries Blut an ihm entdeckt wird. Er weiß nicht genau, wie er sich verteidigen soll und stottert beinahe in Ungläubigkeit:

Käthe: "Aber was hast du da an deiner Hand."

Woyzeck: "Ich? Ich?"

Käthe: "Rot, Blut."

Woyzeck: "Blut? Blut?"

Besonders für die 24. Szene, in der sich Woyzeck an das zurückgelassene Messer erinnert, sind rhetorische Fragen charakteristisch. Er erwartet nicht wirklich eine Antwort auf die Fragen, die die tote Marie sowieso nicht beantworten kann.

"Was bist du so bleich, Marie? Was hast du eine rote Schnur um den Hals? Bei wem hast du das Halsband verdient, mit deiner Sünde? […] Was hängen deine schwarzen Haare so wild? Hast du deine Zöpfe heut nicht geflochten?"

Diese Fragen stellt er sich selbst, um den Mord wegen Maries Untreue zu rechtfertigen. Seine Gedanken sind immer noch wirr.

Botschaften aus Büchners Woyzeck

Das Fragment erzählt nicht nur eine Geschichte, es weist auch Problematiken der Gesellschaft auf. Welche das sind, haben wir uns genauer angeschaut. 

Wahn und Frage der Schuldzurechnungsfähigkeit von Woyzeck

Die Frage der Schuld

Zentral für die Handlung stehen die Wahnvorstellungen, die Woyzeck erlebt. Diese treiben ihn am Ende so weit, dass er seine Geliebte umbringt. Dazu wäre es womöglich gar nicht gekommen, wenn seine Mitmenschen seine Sorgen ernstgenommen und versucht hätten, ihm zu helfen.

Jedoch wird deutlich, dass niemand den Ernst der Lage wahrnimmt. So macht sich der Hauptmann weiterhin über seine scheiternde Beziehung lustig, der Doktor ist fasziniert von seinen Mangelerscheinungen und selbst Andres kann den Zustand des Soldaten nicht richtig deuten.

Das ist eine zeitlose Erscheinung, die auch heute noch viel diskutiert wird. Oft haben Straftäter ähnliche Erfahrungen erleben müssen und psychische Belastungsschäden davongetragen.

Ihnen wird in einigen Fällen eine verminderte Schuldfähigkeit zugesprochen, da sie in ihrem Zustand ihr Handeln schlecht kontrollieren und kaum rational überdenken können. Auch Woyzeck weist diese Merkmale auf.

Allgemein ist es offensichtlich, dass viele Charaktere den Blick für das Wesentliche verlieren. So wie der Hauptmann, der sich nur über das Eilen beschwert oder der von seinem Experiment besessenen Doktor. Selbst als ein Mord passiert, meint der Gerichtsdiener, dass es sich um einen "schönen Mord" handele.

Es wird komplett außer Acht gelassen, dass jemand eine schlimme Tat begangen hat. Das zeigt, dass nicht nur Woyzeck sonderbares Denken aufweist, sondern auch die anderen Charaktere. Würden sie mehr Achtung zeigen, könnten sie anderen Menschen wie Woyzeck helfen, statt sie verkommen zu lassen.

Kritik an der absolutistischen Herrschaft

Wie in vielen Dramen aus Büchners Zeit wird in "Woyzeck" die bestehende Ordnung in der Gesellschaft kritisiert. So sind im Stück die absolutistischen Herrscher und Personen der Oberschicht dafür verantwortlich, dass die Menschen der Unterschicht ihrer Armut nicht entkommen können.

Mit seinen drei Jobs ist Woyzeck immer noch arm und kann gerade so seine Familie ernähren. In den folgenden Jahrhunderten haben sich starke Hierarchien und die Klassengesellschaft immer mehr aufgelöst.

Doch nach wie vor gibt es Menschen auf der Welt, die an oder unter der Armutsgrenze leben, während es tausende Milliardäre gibt. Die Diskussionen darüber sind stets aktuell und bestätigen, dass Büchners Frage über soziale Gerechtigkeit zeitlos bleibt.

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