Bedürfnispyramide nach Maslow: 5 Stufen + 25 Beispiele
Die maslowsche Bedürfnispyramide beschreibt die Bedürfnisse des Menschen. Welche unterschiedlichen Ebenen sie umfasst und welcher Nutzen dahinter steckt, erfährst du in diesem Artikel.
Die Bedürfnispyramide nach Maslow findet oft Anwendung im Unterricht. Sie gibt erste Anhaltspunkte für die verschiedenen Motive und Bedürfnisse eines Menschen.
Wissenswertes über die Bedürfnispyramide nach Maslow
Die Bedürfnispyramide nach Maslow (auch Bedürfnishierarchie) ist eine psychologische Motivationstheorie.
Sie beschreibt und erklärt die Motive und Bedürfnisse des Menschen anhand einer hierarchischen Struktur. Das sozialpsychologische Modell ist zurückzuführen auf den US-amerikanischen Psychologen Abraham Maslow.
Maslow gilt als einer der Gründerväter der Humanistischen Psychologie. Seine erste Idee zur Bedürfnispyramide veröffentlichte der Psychologe im Jahr 1943 in dem Buch "A Theory of Human Motivation".
Im Laufe der Jahre ergänzte er die Theorie und das Modell, woraus zwei weitere Bücher entstanden. Zudem wies Maslow das Menschenbild der Ethologie (Vergleichende Verhaltenswissenschaft) und der Psychoanalyse zurück.
Seiner Meinung nach soll das Verhalten von neurotischen Menschen nicht als zentraler Ausgangspunkt zur Erklärung menschlichen Verhaltens verwendet werden. Zusammen mit anderen Forschenden wollte Maslow eine Psychologie entwickeln, die das aktive Streben des Menschen nach einem erfüllten Leben in den Mittelpunkt stellt.
Im Jahr 1961 gründeten die Forschenden unter dem Vorsitz von Abraham Maslow die "American Association of Humanistic Psychology".
Sie vertritt unter anderem folgende Thesen:
- Die Auswahl der Fragestellung und Forschungsmethoden erfolgt nach Sinnhaftigkeit und weniger nach Objektivität
- Im Zentrum der Aufmerksamkeit steht die erlebende Person
- Die Aufrechterhaltung von Wert und Würde des Menschen ist ein zentrales Anliegen
- Das Interesse gilt der Entwicklung der jedem Menschen innewohnenden Fähigkeiten
Nutzen der maslowschen Bedürfnispyramide
Zunächst dient die hierarchische Struktur der theoretischen Psychologie. Dabei stellen sich die menschlichen Bedürfnisse als sehr wertvolle Variablen heraus. Verstehst du sie, kannst du viel über eine Person oder über dich selbst lernen. Die maslowsche Pyramide stellt also eine Art Landkarte dar.
Auf ihr kannst du verorten, was deine eigenen Bedürfnisse sind. Analog kannst du auch herausfinden, welche Bedürfnisse hinter dem Verhalten von anderen Menschen stecken. Schaffst du es, deine eigenen Bedürfnisse zu reflektieren, kannst du deinen Mitmenschen leichter mitteilen, was du brauchst und was du dir wünschst.
Die Bedürfnispyramide wird auch gerne im Marketing angewandt. Die Erfindung guter Produkte oder Dienstleistungen beruht nämlich auf der Erfüllung von Bedürfnissen. Auch in der Wirtschaft wird die Bedürfnispyramide zur Motivation und Zufriedenheit von Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern herangezogen.
Deren Engagement ist davon abhängig, auf welcher Stufe sie sich befinden. Ein Unternehmen kann die Bedürfnishierarchie nutzen, um die Zufriedenheit der Mitarbeitenden zu steigern.
Kritik an der Bedürfnispyramide
Seit der Veröffentlichung der Bedürfnishierarchie melden sich immer wieder kritische Stimmen zu Wort.
Zum einen sei die hinter der Pyramide stehenden Theorie empirisch kaum nachzuprüfen. Die Bedürfnisbefriedigung eines Menschen lässt sich nämlich nicht messen.
Zum anderen sei die hierarchische Lesart der Pyramide zu strikt. Wobei Maslows seine eigene Theorie als sich stetig wandelndes Modell betrachtet und nicht als starre Pyramide. Der Wissenschaftler äußerte sich wie folgt:
"Bisher hat unsere theoretische Diskussion möglicherweise den Eindruck erweckt, dass diese fünf Sätze von Bedürfnissen irgendwie in einer sukzessiven Alle-oder-keine-Beziehung zueinander stehen. Wir haben es so formuliert: Wenn ein Bedürfnis erfüllt ist, so entsteht ein anderes. Diese Aussage könnte den falschen Eindruck schaffen, dass ein Bedürfnis zu 100 Prozent erfüllt sein muss, bevor das nächste entsteht."
Seit der Veröffentlichung im Jahr 1943 beendete er seine Ausführungen mit aufgelisteten Ausnahmen. Außerdem kritisieren Forschende, dass keine konkreten Ratschläge und Hinweise aufgeführt sind, wie du die Bedürfnis-Befriedigungen erreichen kannst.
Die fünf Ebenen der Bedürfnispyramide nach Maslow (+ Beispiele)
Maslow teilt seine Pyramide in fünf Ebenen und zwei Gruppen ein. Die einzelnen Ebenen sind Folgende:
- Grundbedürfnisse
- Sicherheitsbedürfnisse
- Soziale Bedürfnisse
- Individualbedürfnisse
- Wachstumsbedürfnisse
Zu den sogenannten Defizitbedürfnissen gehören die physiologischen und sozialen Bedürfnisse sowie der Wunsch nach Sicherheit.
Laut Maslows Theorie empfindet der Mensch erst eine gewisse Zufriedenheit, wenn er diese Defizitbedürfnisse erfüllt sieht. Die Spitze der Pyramide bilden die Wachstumsbedürfnisse – also die Individualbedürfnisse und die Selbstverwirklichung.
Sie lassen sich nie ganz befriedigen, da sie mit zunehmendem Erfüllungsgrad wachsen. Diese Art von Bedürfnissen werden erst dann wichtig, wenn die Defizitbedürfnisse zum größten Teil gestillt sind.
Grundbedürfnisse
Die erste Ebene der Bedürfnispyramide beschreibt die elementaren Grundbedürfnisse des Menschen. Sie sind auch als physiologische Bedürfnisse oder als das Existenzminimum bekannt. Sie sind nach Maslow zum Erhalt des menschlichen Lebens erforderlich.
Die Grundbedürfnisse sind im Gegensatz zu individuellen Bedürfnissen bei jedem Menschen gleich. Existiert ein länger anhaltendes Defizit bei einem oder mehreren Grundbedürfnissen, führt dies über kurz oder lang zu Krankheit oder schlimmeren Konsequenzen.
Diese Art von Bedürfnissen entstehen täglich, in kurzen Abständen oder immer wieder neu. Bei konstanter Befriedigung verlieren sie nach Maslow an Bedeutung.
Zu den Grundbedürfnissen gehören zum Beispiel:
- Luft
- Wasser
- Sex
- Schlaf
- Nahrung
Sicherheitsbedürfnisse
Die zweite Ebene beschreibt die Sicherheitsbedürfnisse. Dabei handelt es sich um die Bedürfnisse der seelischen und körperlichen Unversehrtheit.
Wenn die Grundbedürfnisse konstant sind, verlieren sie schnell an Bedeutung. An ihre Stelle treten dann die Sicherheitsbedürfnisse.
Maslow beobachtete die Sicherheitsbedürfnisse vor allem bei Kindern, denn sie reagieren unverfälschter als Erwachsene. Durch Sozialisation haben Erwachsene nämlich bestimmte Verhaltensmuster erst erlernt.
Beispiele für Sicherheitsbedürfnisse sind:
- Geborgenheit
- Schutz
- Wohnung
- Arbeit
- Ordnung
Zudem testete Maslow die Reaktionen von Kindern auf grobe Behandlung und sensorische Stimulation wie Lärm. Anhand deren Reaktion konnte der Forscher die Ängste und Mängel an Sicherheit einfacher feststellen. Auch beschreibt Maslow, dass der Mensch das Bekannte dem Unbekannten vorzieht. Der Mensch möchte alles verstehen und wissen können.
Soziale Bedürfnisse
Die dritte Ebene der Bedürfnispyramide nach Maslow befasst sich mit den sozialen Bedürfnissen. Funktionierende soziale Beziehungen sind für die meisten Menschen eine Grundvoraussetzung für die psychische Gesundheit. Zu den sozialen Bedürfnissen gehören beispielsweise:
- Zuneigung
- Familie
- Liebe
- sozialer Austausch
- Freundschaft
Im Übrigen betont Maslow, dass Liebe und Sex verschiedenen Ebenen angehören können. Sie können demnach ein Grundbedürfnis rein physiologischer Natur sein oder ein Bedürfnis, das die Gesichtspunkte wie Zuneigung oder Geborgenheit enthält.
Individualbedürfnisse
Die vierte Stufe der Bedürfnispyramide bildet die letzte Klasse der Defizitbedürfnisse. Sie umfasst die Individualbedürfnisse. Dabei handelt es sich um den Wunsch der Menschen nach Wachstum.
Wachstumsbedürfnisse sind im Gegensatz zu den Individualbedürfnissen grenzenlos und können nicht vollständig befriedigt werden. Auf dieser Ebene der Bedürfnispyramide streben Personen unter anderem nach:
- Achtung
- Vertrauen
- Erfolg
- Freiheit
- Prestige
- Wertschätzung
Konkret unterteilt Maslow die vierte Ebene in zwei weitere Kategorien:
- Der Wunsch nach Ansehen, Prestige, Achtung. Dieses Bedürfnis kann nur von anderen Menschen und nicht von dir selbst erfüllt werden.
- Der Wunsch nach Stärke, Erfolg, Freiheit und Unabhängigkeit.
Selbstverwirklichung
Die letzte und oberste Ebene der maslowschen Bedürfnispyramide ist die Selbstverwirklichung. Nach Maslow macht sich eine neue Unruhe im Menschen breit, sobald alle Defizitbedürfnisse befriedigt sind. So versuchen Menschen auf der höchsten Ebene, das eigene Potenzial auszuschöpfen. Eine Rolle spielt dabei der Ausbau und die Entwicklung von:
- Kreativität
- Persönlichkeiten
- Talenten
- Fähigkeiten
Maslow selbst sagt, dass nur ein geringer Teil der Weltbevölkerung diese Stufe erreichen kann – er schätzt sie auf rund zwei Prozent. Laut dem Wissenschaftler müssen rund 70 Prozent der Bedürfnisse aus den unterschiedlichen Stufen gedeckt sein, bevor sich das Streben nach höheren Bedürfnissen äußert.
Bedürfnispyramide am Beispiel von Mitarbeitern
Die Bedürfnispyramide kann als eine Art Checkliste dienen, um Motivationspotenzial bei Mitarbeitern zu identifizieren.
Basale Grundbedürfnisse von Mitarbeitern wären beispielsweise eine schadstoffarme Umgebung und ergonomisches Mobiliar.
Als Sicherheitsbedürfnisse könnten langfristige Arbeitsverträge und Versicherungsschutz sowie Altersvorsorge gelten. Passende Angebote für Mitarbeiter im Rahmen von sozialen Bedürfnissen wären beispielsweise:
- gutes Betriebsklima
- Teamarbeit
- Betriebsausflüge
- Räumlichkeiten zum Austausch
Die Individualbedürfnisse von Mitarbeitern umfassen oft Lob von Vorgesetzten, Statussymbole wie Dienstwagen und öffentliche Anerkennung. Um Mitarbeitern die Selbstverwirklichung zu gewährleisten, können Vorgesetzte folgende Dinge anbieten:
- Freiraum bei der Arbeit
- Möglichkeiten, um Führungsverantwortung zu übernehmen
- Weiterbildungen
- Karrierechancen
Erweiterung der Bedürfnispyramide
Abraham Maslow hat sein psychologisches Motivationsmodell im Jahr 1970 erweitert. Die oberste Stufe der Bedürfnispyramide bildet demnach nicht mehr die Selbstverwirklichung, sondern die Transzendenz. Beide Begriffe gehören nicht zu den Defizitbedürfnissen, sondern zu den Wachstumsbedürfnissen.
In der Philosophie liegt der Transzendenz folgende Definition zugrunde: Sie beschreibt den Vorgang des denkerischen Überschreitens der sinnlich erkennbaren Welt. Als Transcender bezeichnet Maslow den kreativen und reifen Menschen, der seine Fühl- und Denkmuster hinter sich gelassen hat. Die Transzendenz thematisiert konkret Bereiche wie die Religion, Erleuchtung und das höhere Selbst.
Die Bedürfnispyramide 2.0 setzt sich von oben nach unten wie folgt zusammen:
- Sinn (Kreativität, Potenzialentfaltung, Selbstverwirklichung)
- Soziale Bedürfnisse (Freundschaft, Gemeinschaft, Liebe)
- Individualität (Anerkennung, Status, Erfolg, Macht)
- Sicherheit (Ruhe, Schutz, soziale Akzeptanz)
- Basale Bedürfnisse (Schlafen, Essen, Überleben)
Demnach wird die Ebene 2 und 3 aus der klassischen Pyramide in der neueren Version zusammengefasst. Für die individualisierte postmoderne Gesellschaft entsteht eine höhere Ebene sozialer Bedürfnisse mit Ausprägungen von Freundschaft, Verbundenheit und Liebe.
Anwendung der Bedürfnispyramide nach Maslow
Du kannst die maslowsche Bedürfnishierarchie auch als Anleitung nutzen, um Glück und Erfüllung zu erreichen sowie Raum für deine höchsten Bedürfnisse zu schaffen.
Die Bedürfnisse auf der obersten Ebene kannst du erst erfüllen, wenn dein Organismus ausreichend sicher ist und du nicht unter starkem Stress leidest.
Wenn du übermüdet bist oder um dein Leben kämpfst, spielen Selbstverwirklichung oder Erfolg eine untergeordnete Rolle. Wenn dein Überleben gesichert ist, dominieren die subjektiven Sicherheitsbedürfnisse – beispielsweise die Arbeitsplatzsicherheit.
Demnach musst du dich erst an deinem Arbeitsplatz gut aufgehoben fühlen, bevor du individuelle Bedürfnisse wie Selbstausdruck und Erfolg angehst. In der heutigen Zeit stellt es in der Regel kein Problem dar, die ersten drei Stufen der klassischen Bedürfnispyramide zu erreichen. Überprüfe daher, ob du alle grundlegenden Bedürfnisse gestillt hast. Eventuell lässt sich noch Optimierungsbedarf finden.
Hier erfährst du mehr über Beispiele für Lebensglück.
Maslow Pyramide bei Kindern
Ebenso wie Erwachsene haben Kinder verschiedene Lebensbedürfnisse. Für Kinder spielen zudem die Grundbedürfnisse eine noch größere Rolle als bei Erwachsenen.
Denn so wachsen sie glücklich und gesund auf. Die basalen Bedürfnisse wie Atmen oder Schlafen gleichen sich bei allen Kindern. Ebenso zählen Inspiration und Autonomie zu den Grundbedürfnissen.
Jedes Kind braucht sie zum Glücklichsein. Die Grundbedürfnisse können durchaus unterschiedliche Facetten haben, die mal mehr oder mal weniger bedeutsam sind. Werden die Bedürfnisse nur unzureichend befriedigt, ist von Vernachlässigung die Rede.
Je niedriger die versagten Bedürfnisse auf der Pyramide angesiedelt sind, desto gravierender sind die Folgen. Das völlige Versagen von physiologischer Bedürfnisbefriedigung kann nach gewisser Zeit auch zum Tod führen. Für das kindliche Wohl sind Bezugspersonen demnach sehr ausschlaggebend, denn Kinder benötigen eine sichere und liebevolle Beziehung.
Um die kindliche Persönlichkeitsentwicklung zu unterstützen, müssen Kinder von ihren Bezugspersonen lernen. Beispielsweise wie sie ihre eigene Gefühlswelt ausdrücken können und wie sie selbstständige Freundschaften zu Altersgenossen entwickeln. Das Begreifen und Kommunizieren von eigenen Gefühlen dient als Grundlage für Kreativität und moralische Werte.
Hier erfährst du mehr über die verschiedenen Erziehungsstile.