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Native Advertising: Lukratives Feld für Journalisten und Autoren

"Native Werbung", also im redaktionellen Gewand daherkommende Werbeinformationen, gelten als nächstes großes Ding zur Finanzierung journalistischer Inhalte im Netz – und sind vielfach selbst journalistisch. Die Umsätze sind schon heute gewaltig, wie jetzt publik gewordene Zahlen der New York Times illustrieren. Für Autoren und Journalisten winken gut dotierte Aufträge in einem Wachstumsmarkt, sie müssen aber persönliche Kompromisse eingehen.

Als eines der ersten Medien leistet sich die renommierte New York Times seit vergangenem Jahr eine Inhouse-Agentur für Native Advertising. Inzwischen 16 Mitarbeiter arbeiten im hauseigenen "Content Studio" an werblichen Inhalten, die dann im Online-Auftritt der New York Times publiziert werden, schreibt das Stadtmagazin Capital New York in einer diese Woche publizierten Reportage.

Seit Einführung von bezahlten Artikeln im 2. Quartal 2014, also im vergangenen halben Jahr, seien insgesamt 32 "Content-Kampagnen" auf nytimes.com gefahren worden. Kunden wie Netflix und Dell hätten zwischen 20.000 US-Dollar und 200.000 US-Dollar bezahlt, Top-Kampagnen verzeichneten mehrere Hunderttausend Views.

Gebrandete Multimedia-Reportagen statt simpler "Sponsored Postings"

Werbung als Quiz bei Buzzfeed

Werbung als Quiz bei Buzzfeed

Native Werbung ist längst mehr als ein Versprechen, für viele Medien sind bezahlte Inhalte schon jetzt eine wesentliche Säule zur Refinanzierung. Sie ist weitgehend immun gegen Adblocker, mit denen in einigen (technikaffinen) Themenbereichen bereits mehr als 50 Prozent der Besucher unterwegs sind. Und sie funktioniert ganz offensichtlich, wenn sie gut gemacht ist: So wurde der Game-Of-Thrones-Quiz von Buzzfeed, einem praktisch komplett über Native Advertising finanzierten Portal, viele Zehntausend Male in sozialen Netzwerken geteilt.

Buzzfeed-Artikel, aber auch die Kampagnen der New York Times zeigen, wie wenig aufwändige Native Ads mit dem hierzulande noch klassischen Textartikel mit Sponsored-Post-Kennzeichnung zu tun haben. Netflix ließ von der New York Times eine spektakuläre Multimedia-Reportage über die Explosion der Zahl weiblicher Häftlinge in US-Gefängnissen erstellt. Netflix spielt im Artikel praktisch keine Rolle. Im Gespräch mit Mashable erklärte ein Agentur-Manager, von der viel geklickten Reportage gehe ein positiver Image-Transfer zu Netflix aus – der Streaming-Dienst werde als Unternehmen wahrgenommen, das sich um seine Umwelt kümmere.

In Deutschland scheint es noch ein weiter Weg zu solch aufwändigen und indirekten Werbemaßnahmen, die aus journalistischer Sicht natürlich auch Gefahren bergen. Die Verwischung der Grenze von Redaktion und Werbung, lange Zeit heilig, ist ja gerade ein wesentlicher Erfolgsfaktor von Native-Advertising-Kampagnen. Ohne New-York-Times-Kopf hätte die von Netflix bezahlte Reportage längst keine so große Wirkung entfaltet, selbst bei gleicher inhaltlicher Qualität und wenn vergleichbar viele Besucher etwa über Google-Werbung auf die Seite geleitet worden wären.

Journalistischer Wachstumsmarkt mit Schattenseite

Weil aber die Werbewirkung von Native Advertising unbestritten ist und bezahlte Textinhalte für Publisher einen dringend nötigen Ausweg aus dem Adblocker-Werbereaktanz-Dilemma versprechen, wird der Siegeszug von Native Advertising nicht aufzuhalten sein. Auf der Fachmesse dmexco Mitte September gab es schon kein Vorbeikommen an diesem Thema, schreibt die t3n.

In Zukunft wird es auf Verlags- wie Agentur-Seite also zunehmenden Bedarf an Autoren geben, die Werbebotschaften mit attraktiven Textinhalten verknüpfen. Die Kampagnen der New York Times beweisen, dass hier insbesondere exzellentes journalistisches Handwerk gefragt ist – mit einem typischen PR-Artikel haben die bezahlten Reportagen nichts zu tun. Gut ausgebildete Journalisten haben hier einen hohen Wert und können mit gut dotierten und nachhaltigen Aufträgen rechnen, sind aber naturgemäß nicht frei in ihrer Berichterstattung. Das gilt natürlich auch für Blogger, sei es im Fall bezahlter Testberichte oder – indirekt – bei Advertorials und Informercials, wie sie beim Tech-Blog Mobilegeeks Werbebanner komplett ablösen sollen.

<Bildnachweis: New York Times von Shutterstock>

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Kommentare


Neu: schreiben.net – Fachdienst für Schreibende » lesen.net 1. Oktober 2014 um 17:51

[…] wir uns auf langfristigen Praxisnutzen. Unsere ersten Artikel zeigen, wohin die Reise geht: So beleuchten wir den Werbe-Trend Native Advertising aus Autoren-Sicht, nennen 4 Gründe für den Erfolg vom Crowdfunding-Projekt De Correspondent und werfen […]


eBook Flatrate Readfy: Kampf ums Konzept » lesen.net 14. Januar 2015 um 23:53

[…] etwas wenig marktschreierische Werbung wünschen, eine Alternative könnte native advertising sein. Einen “dieses Buch wird ihnen präsentiert von” Dialog oder etwa […]


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